Blutegel

 Die Blutegeltherapie

("Egel" stammt aus dem Griechischen: echis = kleine Schlange)


Geschichte:

Die Blutegeltherapie gehört zu den ältesten Heilmethoden der überlieferten Medizingeschichte. Der Blutegel war schon den Naturvölkern bekannt und wurde bereits 100 Jahre vor Christus von dem griechischen Arzt und Dichter Nikandros von Colophon erwähnt und geschätzt. Anfangs des

17. Jahrhunderts wurde der medizinische Blutegel [Hirudo medicinalis] bei verschiedenen Erkrankungen zum Aderlass eingesetzt, welcher sich als besonders wirkungsvoll erwiesen hat.

Es lässt sich zweifellos Rückschluss auf einen immer wieder zu beobachtenden Behandlungserfolg machen. Nicht nur die jahrtausend lange Erfahrung gibt der Therapie recht auch klinisch-medizinische Studien erlauben eine positive Beschreibung.

Die Blutegeltherapie, ein ausleitendes Heilverfahren, ist in den vergangenen Jahren wieder Bestandteil unserer medizinischen Versorgung geworden. Seit Menschen einander heilen, spielen Blutegel eine fast immer beachtliche Rolle – allerdings sind sie Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa nahezu in Vergessenheit geraten.

Die Blutegelwirkung beruht:

-    auf dem Bissreiz

-    den abgegebenen Wirkstoffen ð Hirudin (Hemmung der Blutgerinnung)

-    sowie der Nachblutung. Ein Blutegel saugt ca. 10 ml Blut.

Während der Nachblutung, die 24 Stunden anhalten kann,  werden weitere 50 ml Blut ausgeleitet.          

 

Der Blutegel

Er ist ein ca. 5 cm langes, wurmartiges Tier, welcher auf die Haut gelegt wird. Er beisst

sich dort fest, um sich vom Blut zu ernähren. Blutegel werden nicht nur bei Menschen angewendet, gute Erfolge zeigen sich auch bei Tieren!

Er ist nicht gierig, eine Mahlzeit reicht ihm bis zu zwei Jahren, wer sonst kann das schon

von sich behaupten?

 

Der Blutegelspeichel (Salvia)

Die Salvia enthält folgende bisher bekannte Stoffe:

Hirudin (=abgeleitet von Hirudo medicinalis = medizinischer Blutegel): sorgt für die Hemmung der Blutgerinnung. Bei dem ca. 45-minütigen Saugakt ist es notwendig, die Wunde offen- und das Blut fliessfähig halten. Hirudin wirkt also:

-     Gerinnungshemmend

-     Lymphstrombeschleunigend

-     Antithrombotisch

-     Gefässkrampflösend

 

Calin:

hemmt ebenfalls die Blutgerinnung. Calin bewirkt nach der relativ kurzen Wirkung von Hirudin die etwa 12 Stunden dauernde Reinigung der Wunde durch Nachbluten. Es kommt zum bekannten, sanften Aderlass. Der Aderlass bewirkt wiederum:

-     Allgemein erleichternd und beruhigend

-     Blutreinigend und entgiftend

-     Entzündungshemmend

-     Krampflösend

 

Indikationen zur Blutegeltherapie

    Arthrose

    Rheumatische Entzündungen

    Venöse Stauungen und Venenentzündungen mit Thrombosen

    Muskelverspannungen und Myalgien

    Verstauchungen und Zerrungen

    Tinnitus

    Kopfschmerzen

    Dysmenorrhoe

    Furunkel, Karbunkel und Abszesse

    Hämorrhoiden

    Herpes Zoster (Gürtelrose)

    Gichtanfall

 

Die wichtigsten Kontraindikationen

-    Bluterkrankungen

-    Blutverdünnung durch     Medikamente (z.B Marcoumar / Sintrom)

-    Blutarmut

-    Immunschwäche (Aids, Chemotherapie…)

-     schwere chronische Erkrankungen (z.B. fortgeschrittene Krebsleiden, Dialysen)

-    bekannte ausgeprägte Wundheilungsstörungen (entgleister Diabetes, erhebliches Übergewicht, Cortison-Dauertherapie)

-     bekannte Allergien gegen Blutegelinhaltsstoffe

 

Infektionsgefahr durch Blutegel

Das Risiko einer Infektion durch Blutegel ist zu hoch, deshalb ist eine zweimalige Verwendung zu medizinischen Zwecken strengstens verboten.

 

Vorbereitung auf die Blutegeltherapie

2 Tage vor der Behandlung keine Salben, Duschgels, Lotionen etc. auf jene Hautpartien auftragen, auf die Blutegel aufgesetzt werden sollen. Eine Reinigung der Haut vor der Behandlung ist mit Wasser, Kernseife oder Alkohol möglich. Der Alkohol, wie auch die Kernseife müssen vor dem Beginn der Behandlung abgewaschen werden. Zur Behandlung muss die Haut warm sein.

 

Ablauf einer Blutegel-Therapie

Die Zahl der anzusetzenden Blutegel richtet sich nach dem Alter des Patienten, dem Krankheitsbild, sowie der Häufigkeit der beabsichtigten Anwendungen. Bei Kindern darf pro Lebensjahr höchstens 1 Blutegel verwendet werden.

Der Biss ist ein eigentliches Sägen: drei sternförmig angeordnete Sägeleisten mit jeweils ca. 80 Kalkzähnchen raspeln sich durch die Haut, um zum Blut zu gelangen. Zwischen den Kalkzähnchen sind Öffnungen, durch welche der Speichel abgegeben wird. Der Biss des Egels ist nicht schmerzhaft, denn der Egel hat in der freien Natur kein Interesse daran, bemerkt zu werden. Ob zur Schmerzlinderung ein Anästhetikum im Speichel enthalten ist, wird umstritten diskutiert. Der Biss eines Egels wird wie beim Kontakt mit Brennesseln beschrieben, wie Mückenstiche oder als ein leichtes Ziehen. Die rhythmische Saugbewegung zeigt an, dass der Saugakt begann.

 

Saugzeit

Die Saugzeit hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Grösse des Blutegels, seinem Hungerzustand, ebenso der Durchblutung der Saugstelle.  Der Egel saugt zwischen 15 Minuten bis zu einer Stunde, wenn er sich vollgesaugt hat, löst er sich von selbst.

 

Biologie

Blutegel sind Zwitter, zählen zu den Ringelwürmern und gelten als höher entwickelte Verwandte der Regenwürmer. Es gibt insgesamt 14 verschiedene Egelarten. Sie besitzen keine Verdauungsenzyme und halten das aufgesaugte Blut mit Hilfe ihres Speichelsekretes Hirudin monatelang flüssig. Damit sind beste Voraussetzungen für das Überleben von Erregertypen und die Übertragung von Krankheiten gegeben, deshalb ist die strenge Einhaltung eines einmaligen Gebrauchs bzw. bei Wiederverwendung nur am selben Kunden  besonders wichtig!

 

Zahlen

Der Egel erreicht im Ruhezustand eine Länge von 10-15 cm, bei völliger Streckung bis zu 25 cm. Seine Breite beträgt im Durchschnitt 1-2 cm. Der Rücken ist mit 95 Ringeln deutlich gekennzeichnet, von denen die ersten 9-10 dem Kopf angehören. Er besitzt insgesamt 10 schwarze Augen, die auf der Rückenfläche liegen.

 

Aussehen

Der Kopf wie auch das Ende des Egels sind mit einem Saugnapf versehen. Die Mundöffnung besitzt 3 scheibenförmige, gesägte Kiefer, die eine y-förmige Wunde hinterlassen. In der Färbung sind die Tiere ebenfalls sehr variabel. Der Rücken ist dunkel olivgrün und der Bauch grüngelb gefärbt.

 

Lebensraum

Der Blutegel lebt vorwiegend in moorigen und sumpfigen Gewässern aber auch in Überschwemmungstümpeln und pflanzenreichen Seen. Bedingt durch Umweltveränderungen und übermässige Verwendung zu medizinischen Zwecken ist die Zahl der Blutegel in den letzten Jahren stark zurückgegangen.

In meiner Praxis arbeite ich nur mit gezüchteten Blutegel.

 

Blutegelmode

Die Verwendung von Blutegeln war im 18. Und 19. Jahrhundert so in die Mode gekommen, dass man von „Vampirismus“ sprach und gar die Ausrottung der Egel drohte. Nach einer ca. 100 Jahre dauernden  Zwangspause (bis ~1975)  - die durch Folgen abusushafter Missbräuche im letzten Jahrhunderts, mangelndem Wissen und Vorurteile begründet war – haben sie heute ihren Status als Heiler und lebende Apotheken zurück.